Jedem Ende wohnt ein Anfang inne

Das beantragte interdisziplinäre wissenschaftliche Netzwerk zur Erforschung von Ausstiegsprozessen im wissenschaftlichen Kontext hatte zum Ziel, individuelle und organisationale Bedingungen des Ausstiegs aus dem wissenschaftlichen Feld zu untersuchen und den Ausstiegsprozess auf den unterschiedlichen Stufen der wissenschaftlichen Karriere theoretisch wie empirisch aus verschiedenen fachwissenschaftlichen Disziplinen näher zu beleuchten. Die Formierung des Netzwerkes ermöglichte eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen aus erziehungs-, sozial- und bildungswissenschaftlichen Kontexten, die sich mit Ausstiegsprozessen aus der Wissenschaft beschäftigten. Bestehende Wissensbestände konnten so gebündelt und die neu generierten Erkenntnisse für die Etablierung des Forschungsfeldes „Ausstiegsprozesse im akademischen Kontext“ innerhalb der Hochschulforschung gestreut werden. 

In der Projektlaufzeit von drei Jahren (2018-2020) wurden Arbeitstreffen sowie eine Online-Vortragsreihe zum Abschluss des Netzwerks durchgeführt. In der gemeinsamen Netzwerkarbeit wurden die Erkenntnisse aus den Projekten ebenfalls auf wissenschaftlichen Veranstaltungen zur Diskussion gestellt, Publikationen in einschlägigen Zeitschriften veröffentlicht und so einem breiten Fachpublikum zugänglich gemacht. Hervorzuheben ist hier das Themenheft des Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft“, welches im Journal für Wissenschaft und Bildung „die hochschule“ (1/2020) erschienen ist.

Der Ausstieg aus der Wissenschaft ist ein multifaktorielles Phänomen und die Untersuchung hat sich als ein komplexes Unterfangen erwiesen. Die Forschung des Netzwerks zeigte, dass der Ausstieg aus der Wissenschaft keineswegs unter dem Begriff „Scheitern“ subsummiert werden kann, sondern als vielschichtiger Prozess mit unterstützenden, aber auch erschwerenden Begleitumständen verstanden werden muss. Die Breite des Phänomens erschwert dessen Erforschung: Es reicht von Abbruch- oder Ausstiegsgedanken über geplante Ausstiege aus der Wissenschat nach der Promotion, tatsächliche Promotionsabbrüche und (un-)freiwillige Ausstiege in der Postdoc-Phase oder der Berufungsphase, dem (versuchten) Wiedereinstieg nach einer Praxisphase bis hin zur Niederlegung einer Professur. Die Wissenslücken, welche alle Phasen, aber vor allem die Postdoc- und Berufungsphase betreffen, sind immens. Es stehen keine umfassenden Daten zu abgebrochenen Promotionsvorhaben zur Verfügung. Eine statistische Erfassung von Promovierten bzw. Postdocs auf dem Weg zur Professur findet an den Universitäten bislang gar nicht statt. Diese Gruppe wird, wie die Promovierenden, nur nach den erfolgreichen „Abschlüssen“, wie abgeschlossene Habilitationen oder positiven Evaluationen der Juniorprofessur ermittelt. So haben die Daten aus der Hochschulstatistik nach der Novellierung des Hochschulstatistikgesetzes (HStatG) zwar ein großes Potenzial, welches allerdings noch nicht ausgeschöpft werden kann und für die anschließende Postdoc-Phase gar keine Erkenntnisse bringt. Auch wenn sich der Ausstieg aus der Wissenschaft statistisch gesehen als Normalfall darstellt, ist vor allem deutlich geworden, dass es organisationale bzw. systemimmanente Gründe sind, aus denen man der Wissenschaft den Rücken kehrt. Beim Ausstieg aus der Wissenschaft handelt es sich somit fast ausschließlich um eine Selektion durch die Organisation und durch (negative) Erfahrungsaufschichtung. Ein alternatives attraktiveres Jobangebot führt daher nicht selten zu einem beruflichen Wechsel, während inhaltliche Unzufriedenheit mit der Tätigkeit hingegen selten für junge Wissenschaftler*innen der ausschlaggebende Grund für den Ausstieg aus der Wissenschaft ist.

Die Netzwerkerinnen plädieren daher für eine breitenwirksame Erforschung und Aufmerksamkeit für das Thema „Ausstieg aus der Wissenschaft“, um nicht die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Systems über eine Auswahl der „Besten“ entscheiden zu lassen.

Gefördert, gefordert, überfordert? – Der Ausstieg aus der Wissenschaft und seine Hintergründe

Der Beitrag von Sara Reinke (Universität Hildesheim) beleuchtet die Option „Ausstieg“ entlang des individuellen Ausstiegsprozesses von Anna R. (Name geändert).

Studium, Promotion, wissenschaftliche Mitarbeit, Habilitation – und dann: ein Leben für die Wissenschaft. Dieser Weg scheint vielen jungen Akademiker*innen zunächst vorgezeichnet und doch gibt es viele Gründe, davon wieder abzuweichen. Inhaltliche Unzufriedenheit dürfte für Postdocs seltener ausschlaggebend für einen beruflichen Wechsel sein als die Unzufriedenheit hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit und einer langfristigen Planbarkeit im Wissenschaftsbetrieb. Obgleich …

Ihre Festanstellung hat Anna R. gerade wieder gekündigt – um künftig an einer Fachhochschule als freie Dozentin auf Honorarbasis zu arbeiten. Eine Rückkehr in den Wissenschaftsbetrieb – und zugleich in die berufliche Unsicherheit.

Hier geht es zum Beitrag: https://www.uni-hildesheim.de/neuigkeiten/gefoerdert-gefordert-ueberfordert-der-ausstieg-aus-der-wissenschaft-und-seine-hintergruende/

Vortragsreihe „Ausstieg aus der Wissenschaft – Problem oder gute Idee?“

Einladung zur Online-Vortragsreihe des gleichnamigen DFG-geförderten Netzwerks vom 08. bis 12. Februar 2021 immer um 18 Uhr (per BBB).

In dieser Online-Vortragsreihe und zum Abschluss des interdisziplinären Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft“ werden individuelle wie strukturelle Bedingungen rund um das Thema „Ausstieg aus dem wissenschaftlichen Feld“ auf den unterschiedlichen Stufen der wissenschaftlichen Karriere (Promotions- und Postdoc-Phase) theoretisch wie empirisch beleuchtet. 

Weitere Informationen: Veranstaltungswebsite [LINK] und Flyer [PDF]
Koordinatorin: Svea Korff (korffs(at)uni-hildesheim(dot)de)
Anmeldung: bis Ende Januar 2021 per E-Mail an ausstieg(at)uni-hildesheim(dot)de  

Druckfrisch: Ausstieg aus der Wissenschaft

Ausstiegsprozesse aus der Wissenschaft können von mindestens zwei Seiten betrachtet werden: von der individuellen Seite persönlicher Karriereentwicklung bzw. dem „Scheitern“ daran (womit Wissenschaftler*innen als „Entrepreneure“ ihrer selbst aufgefasst werden) oder von der eher strukturellen Seite institutioneller und organisationaler Voraussetzungen, Karrierestufen und rechtlichen Ausschließungen. Ein dritter Aspekt findet seltener Beachtung und wird zumeist eher als weiches Kriterium des Ausschlusses aufgefasst: die symbolische Seite wissenschaftlicher Praxis bzw. der „Wissenschaftskultur“. Zu all diesen Aspekten können die in diesem Heft versammelten Aufsätze etwas beitragen, wodurch sie einen guten Überblick über den Stand der Diskussion bieten. Die Stadien oder Stufen, die wissenschaftlichen Aufstiegskarrieren dabei (vermeintlich) zugrunde liegen, bilden den Rahmen: erstens die Promotionsphase und ihre vorgelagerten Bedingungen, zweitens die „Postdoc-Phase“ und drittens die Phase der Berufung bzw. „Berufungsfähigkeit“.

Das Themenheft „Ausstieg aus der Wissenschaft“, herausgegeben von Sandra Beaufaÿs, Anja Franz und Svea Korff, erscheint Ende August 2020 im Journal „die hochschule“ (1/2020)! Das Themenheft ist im Rahmen der Arbeit des wissenschaftlichen, DFG-geförderten Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft – Netzwerk zu Ausstiegsprozessen im akademischen Kontext“ entstanden.

Insgesamt wird aus den Beiträgen in diesem Heft deutlich, dass der Ausstieg aus der Wissenschaft keineswegs unter dem Begriff „Scheitern“ subsummiert werden kann, sondern als vielschichtiger Prozess mit unterstützenden, aber auch erschwerenden Begleitumständen verstanden werden muss. Um strukturelle Bedingungen, die einen geplanten Ausstieg deutlich vereinfachen, bereitstellen zu können, müsste sich an Hochschulen jedoch einiges ändern. So wäre eine bessere Planbarkeit der eigenen Berufsbiografie ebenso nützlich wie eine frühere relative Unabhängigkeit wissenschaftlichen „Nachwuchses“ von Vorgesetzten, ohne deshalb auf den Rat und die Netzwerke erfahrenerer Wissenschaftler*innen verzichten zu müssen.

Zukunftswerkstatt des DFG-Netzwerks an der Universität Hildesheim

Am 17. Juli 2020 findet die Zukunftswerkstatt des Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft“ an der Universität Hildesheim statt. Gemeinsam mit Prof. Dr. Meike Baader (Hildesheim), Dr. Anja Franz (Magdeburg) und Dr. Svea Korff (Hildesheim) werden Strategien zur weiteren Etablierung des Forschungsfeldes entwickelt. Mit der Zukunftswerkstatt werden darüber hinaus auch Fragestellungen und Forschungsdesigns für weitere interdisziplinäre Forschungsprojekte und -anträge zum Schwerpunktthema generiert.

Arbeitstreffen des DFG-Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft“ beim DZHW in Hannover

Heute, am 11. November 2019, findet das fünfte Arbeitstreffen des Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft“ zum Thema „Gedanken und Entwicklung(en) zu einem Ausstiegsmodell im akademischen Kontext“ im Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) in Hannover statt (Programm). Als Gast begrüßt das Netzwerk bei diesem Treffen Maria Keil (FU Berlin), die mit ihrem Vortrag „Wissenschaft und soziale Ungleichheit“ ihr Dissertationsprojekt vorstellt.

Arbeitstreffen des DFG-Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft“ beim Netzwerk für Frauen- und Geschlechterforschung NRW in Essen

Am 13./14. März 2019 findet das vierte Arbeitstreffen des Netzwerks „Ausstieg aus der Wissenschaft“ zum Thema „Faktoren, Strategien der Bewältigung und Konsequenzen von Ausstiegsprozessen im akademischen Kontext“ bei der Koordinations- und Forschungsstelle des Netzwerks für Frauen- und Geschlechterforschungs an der Universität Duisburg-Essen statt (Programm). Zu diesem Treffen darf das Netzwerk diesmal zwei Gäste begrüßen – Hanna Kauhaus von der Graduierten Akademie der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Beate Kortendiek vom Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW. Auf dem Programm stehen der gemeinsame Austausch, der aktuelle Stand der Projekte und der aktuelle Stand der gemeinsamen Zielsetzungen.

CfP: Ausstieg aus der Wissenschaft

Wer sich für eine wissenschaftliche Laufbahn entscheidet, sieht sich in der Regel mit langen Qualifizierungsphasen unter schwierigen Bedingungen konfrontiert: befristete Beschäftigung und Teilzeitverträge, Abhängigkeit von Vorgesetzten, Einwerbung von Drittmitteln zur Sicherung der eigenen Stelle, hohe Mobilitätsanforderungen sowie das Risiko, am Ende keinen Ruf auf eine Professur zu erhalten. Angesichts dieser Begleitumstände bildet der Ausstieg aus der Wissenschaft, nicht überraschend, eine weitere Option. Wie häufig und in welcher Weise dieser vollzogen wird, ist jedoch mangels entsprechender Forschung noch weitgehend unbekannt.

Aufgrund der Erklärungslücken sollen im geplanten Heft 1/2020 der Zeitschrift „die hochschule“ – herausgegeben von Sandra Beaufaÿs, Anja Franz und Svea Korff – Ausstiegsprozesse im akademischen Kontext auf den unterschiedlichen Stufen der wissenschaftlichen Karriere in den Blick genommen werden. Weitere Informationen und einen detaillierten Zeitplan entnehmen Sie dem Call.

CfP ist geschlossen!

„Ausstieg aus der Wissenschaft – Problem oder gute Idee?“ – ein Blogbeitrag von Sandra Beaufays

Auf dem Weblog „Interdisziplinäre Geschlechterforschung“ erschien am 23. Oktober der Beitrag „Ausstieg aus der Wissenschaft – Problem oder gute Idee?“ von Sandra Beaufays. Der Beitrag behandelt den Ausstieg aus der Wissenschaft  nicht als ein genuines Geschlechterproblem, sondern wagt einen lohnenden Perspektivwechsel: der Ausstieg muss „nicht notwendig als Problem (der Frauen) gelesen werden, sondern kann auch auf attraktivere Bedingungen in anderen Bereichen zurückgeführt werden“. Auf dem lesenswerten Wissenschaftsblog veröffentlichen GeschlechterforscherInnen und Mitglieder des Netzwerks Frauen- und Geschlechterforschung NRW Beiträge aus dem Spektrum der Geschlechterforschung. Weiter zum Blogbeitrag …

Druckfrisch: Ursachen, Folgen und Wandel der traditionellen Arbeitsteilung in Partnerschaften von Akademikerinnen und Akademikern

Die Dissertation von Gesche Brandt befasst sich mit den Ursachen, den Folgen und dem Wandel der traditionellen Arbeitsteilung in Partnerschaften von Akademikerinnen und Akademikern in Deutschland. Die übergreifende Forschungsfrage ist, welche Auswirkungen die traditionelle Arbeitsteilung infolge der Familiengründung auf die Erwerbsverläufe von Männern und Frauen mit Hochschulabschluss hat. Für die empirischen Analysen wurden die Daten der bundesweit repräsentativen DZHW-Absolventenpanel von drei Abschlussjahrgängen genutzt. Diese umfassen insgesamt rund 14.500 Hochschulabsolvent(inn)en und deren berufliche und familiale Verläufe über einen Zeitraum von rund zehn Jahren nach dem Abschluss des Studiums. Es wurden die Aushandlungen der Elternzeitverteilung von Paaren zur Ergründung von Ursachen der traditionellen Arbeitsteilung, die Einkommensdifferenz von Männern und Frauen, als eine Folge der traditionellen Arbeitsteilung, sowie Veränderungen der Lebenslaufsmuster von Müttern und Vätern, als Hinweise auf einen Wandel der traditionellen Arbeitsteilung, behandelt. „Die Ergebnisse zeigen alles in allem, dass trotz des gesellschaftlichen Wertewandels und familien- und gleichstellungspolitischer Entwicklungen weiterhin ein hohes Maß an traditioneller Arbeitsteilung in Partnerschaften von Akademiker(inne)n vorliegt“ (Brandt 2018, S. 156). Weiter lesen …